UNFASSBAR ist ein Kunstprojekt mit der renommierten Künstlerin Julia Krahn, das im Rahmen des 39. Deutschen Evangelischen Kirchentages 2025 stattfindet. Im Rahmen der Ausstellung „FrauenBilder“ im Landesmuseum Hannover können bis zu zwölf Frauen, die sexualisierte Gewalt erfahren haben, in einem geschützten Raum ihre Selbstwahrnehmung neu definieren. Durch sensible Fotografie-Shootings erhalten sie die Möglichkeit, ihre Würde und Individualität künstlerisch auszudrücken. Begleitet wird das Projekt von der Fachberatungsstelle Violetta und Pastorin Dr. Simone Liedtke, Beauftragten für Kirche und Kultur der Landeskirche Hannovers. Die Werke werden während des Kirchentages digital präsentiert.
Radiogottesdienst zu Julia Krahns Skulptur „Die Tränenreiche“
Pastorin Simone Liedtke gestaltete am 30. März 2025 den Radiogottesdienst zu Julia Krahns Skulptur „Die Tränenreiche“ gemeinsam mit Katja Lembke, der Direktorin des Landesmuseums.
„Es wird Zeit, dass die Scham die Seite wechselt." (Gisèle Pelicot)
„Für mich selber ist es absolut fassbar, ich habe es ja erlebt, ich war dabei, ich habe es überlebt. Erzähle ich aber davon, merke ich, wie unfassbar es für die Anderen ist. ‚Ach, dass dir so etwas passiert ist ... Das hätte ich niemals gedacht.‘ ‚Man merkt es dir gar nicht an!‘ – ‚Ja, Gott sei Dank‘, denke ich mir dann immer. Das wäre ja noch schlimmer. Das Schlimmste, was man mir antun kann, wenn ich davon erzähle, ist, mich zu bemitleiden. Ich will kein Mitleid, ich will ernst genommen werden.
Ich will, dass Menschen begreifen, dass es passiert. Und dass die, die die Gewalt ausüben, keine Monster sind. Sie sind Väter, Nachbarn, Lehrer, vertraute Bezugspersonen. Wenn wir sie verteufeln, entmenschlichen wir diese Taten. Dadurch wird das alles aber noch unfassbarer und wird weiter weggeschoben. Es passiert. Täglich. Im Verborgenen und doch mitten in unseren Reihen. Häufig wird dafür gesorgt, dass die Betroffenen anonym bleiben. Aus Schutz. Und in großen Teilen verstehe ich das auch.
Aber ein Teil von mir denkt auch, dass wir Betroffenen dadurch unsichtbar gemacht werden. Wir werden wieder zum Objekt. Mit diesem Projekt möchte ich trotz allem inneren Widerstand sichtbar werden. Das Unfassbare soll fassbar, das Unbegreifliche soll greifbar werden. Denn auch ich bin nicht die monströse Tat, die mir passiert ist. Ich bin Frau, Freundin, Ehefrau und Tante.“
Anna-Sophie, Teilnehmerin am Projekt UNFASSBAR