Brot ist weit mehr als bloße Nahrung. Es ist Teil familiärer Rituale, Symbol für Fürsorge und Ausdruck einer bestimmten Lebensweise. Das zeigte der „TarmsTalk“ der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers zum Thema „Wert(-schätzung) von Lebensmitteln am Beispiel Brot“, den Pastorin Cornelia Möller, Referentin für Land- und Ernährungswirtschaft für die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, moderierte.
Der Talk begann persönlich: Alle drei Gesprächteilnehmer:innen teilten ihre Kindheitserinnerungen an Brot. „Ein Zeichen für Liebe“, erinnerte sich Pastorin Hille de Maeyer, Beauftragte für Kirche und Handwerk der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, an das täglich von der Mutter geschmierte Pausenbrot für die Schule.
Aus Sicht des Landwirts Manuel Borchert aus Brome im Landkreis Gifhorn wurde deutlich, wie stark sich die Rahmenbedingungen für die Erzeugung von Brotgetreide verändert haben. Besonders die Auswirkungen der sogenannten „roten Gebiete“, in denen strenge Düngevorgaben gelten, erschweren den Anbau. „Durch die strengen Vorgaben der Düngeverordnung können wir zum Teil gar keinen Brotweizen mehr anbauen, weil er nicht die nötige Qualität erreicht“, erklärte Borchert. Es brauche wieder mehr Verständnis für die Zusammenhänge für die Gewinnung von Lebensmitteln.
Christoph Schleuter, Brot-Sommelier von der Bäckerei „Grimm backt märchenhaft“ aus Sittensen, sprach mit Begeisterung über die Vielfalt und Bedeutung des Brotes. Er warb für handwerklich hergestellte Backwaren, für Transparenz in der Herstellung und für mehr Bewusstsein beim Konsum. Besonders hob er hervor, wie viel Wissen in der Ausbildung eines Brot-Sommeliers steckt: „Wir haben gelernt, Nuancen von Gewürzen, Aromen aus Broten heraus zu riechen, Brote anders zu bewerten. Nicht einfach nur ‚es ist ein Brot‘, sondern ein Brot in seiner ganzen Schönheit zu erklären. Eigentlich fast wie ein Model, was über den Laufsteg läuft. Ein Brot ist nun mal eben eins der schmackhaftesten Lebensmittel und eins der nährreichsten Lebensmittel.”
Hille de Maeyer berichtete über das bundesweite Projekt „5000 Brote – Konfis backen Brot für die Welt“, das Konfirmand:innen mit dem Bäckerhandwerk und Themen globaler Gerechtigkeit zusammenbringt. Dabei backen Jugendliche gemeinsam mit lokalen Bäckereien Brote, die zum Beispiel nach Gottesdiensten oder auf Gemeindefesten verteilt werden. Wer mag, gibt eine Spende. Das Hilfswerk Brot für die Welt unterstützt damit Bildungsprojekte für Kinder und Jugendliche im globalen Süden. „Konfis sind stolz auf die Spenden, die zusammenkommen. Sie fragen dann, wie viel die Menschen gegeben haben.” Die jungen Menschen erleben nicht nur, wie viel Arbeit und Wissen in einem Brot steckt, sie erfahren auch, dass ihr Einsatz ganz konkret hilft. Für viele Konfirmand:innen sei es ein prägendes Erlebnis, das über die Konfirmandenzeit hinauswirke.
Schleuter machte auch drauf aufmerksam, dass Lebensmittel heute gar nicht mehr richtig geschätzt werden. Gerade im traditionellen Bäckerhandwerk, das auf Qualität, Handarbeit und regionale Produkte setzt, stoßen Bäcker:innen zunehmend auf eine Mentalität, in der „billig“ oft über „wertvoll“ gestellt wird. Dabei steht hinter jedem Brot ein Prozess, der von Menschen mit Verantwortung und Leidenschaft getragen wird. Er machte deutlich: „Der Landwirt möchte leben und der Bäcker auch!“
Auch der geistliche Blick auf das Brot spielte in der Talkrunde eine wichtige Rolle. Brot ist nicht nur ein Grundnahrungsmittel, sondern ein starkes Symbol im christlichen Glauben. In der Bibel begegnet es uns vielfach als Zeichen der Fürsorge Gottes, im Vaterunser mit der Bitte um das „tägliche Brot“ oder im Abendmahl, in dem Jesus das Brot mit den Worten „Dies ist mein Leib“ bricht. De Maeyer erinnerte an die Aussage Jesu: „Ich bin das Brot des Lebens“ und betonte, wie tief Brot in der biblischen Tradition verwurzelt ist.
Tarmstedter Ausstellung